Bolivien – La Paz und ein Stück Österreich
9 10 2014Buenas!
Mit dem Nachtbus ging es also von Cuzco nach La Paz. An sich sollte die Fahrt rund 12 Stunden dauern und laut Plan wären wir am nächsten Tag gut erholt um 10 Uhr morgens in La Paz angekommen. Mittlerweile haben wir aber gelernt, dass wir in Südamerika nicht allzu viel planen dürfen und immer das Unerwartete erwarten müssen. Bereits im Vorfeld haben wir schon einiges über diverse Streiks in Bolivien gelesen, an welchen teils mehrere Tage lang keine Busse verkehren. Und unmittelbar nachdem wir die Grenze zu Bolivien frühmorgens überquert hatten, kam auch erstmals das Gerücht auf, dass wir unsere Fahrt erst am Abend wieder fortsetzen könnten.
Nach einer ausgiebigen Diskussion unseres Busfahrers mit der örtlichen Polizei ging die Fahrt mit knapp 2 Stunden Verspätung doch weiter. Kurz vor La Paz wurden wir dann noch mehrmals von der Polizei aufgehalten, ehe wir dann in El Alto, einem Vorort von La Paz, endgültig die Fahrt abbrechen mussten. Hier erfuhren wir dann auch erstmals den Grund für die andauernden Fahrtunterbrechungen. Kein Streik war diesmal der Auslöser, sondern ein bolivienweiter autofreier Tag, der vor allem in La Paz rigoros von der Polizei durchgesetzt wird. Der einzige Grund, warum wir überhaupt bis El Alto fahren durften, war, dass einige Passagiere einen Flug erreichen mussten und sich der Flughafen La Paz in El Alto befand – mit 4100 Meter Seehöhe übrigens der höchstgelegene internationale Flughafen der Welt. Da wir aber mit dem Bus nicht direkt bis zum Flughafen fahren durften, mussten auch jene Passagiere die letzten 20 Minuten zu Fuß zurücklegen. Wir jedenfalls erfuhren, dass wir unsere Fahrt ins Zentrum La Paz erst wieder um 18.00 fortsetzen durften. Bei einem Mittagessen – es war ja doch schon 13.00 – entschieden wir uns, die letzten 6 Kilometer und 500 Höhenmeter in den Kessel La Paz ebenso zu Fuß samt Gepäck hinunterzugehen, da ja schließlich auch keine Taxis fahren durften – immer noch besser als weitere 5 Stunden im Bus zu sitzen.
Etwas geschlaucht sind wir dann 2 Stunden später in unserem Hotel angekommen. Dies war übrigens auch gleichzeitig unser Hochzeitstag, den wir dann zumindest bei einem ausgezeichneten Fondueessen ausklingen ließen.
Am nächsten Tag, wieder erholt von den Strapazen, erkundeten wir auf einer Stadtführung die City und erfuhren viel über die Geschichte und aktuelle Politik des Landes.
Aufgrund der bevorstehenden Präsidentenwahlen war die Hauptstraße La Paz jedenfalls täglich aufgrund diverser Demonstrationen „gesperrt“ und somit zur Fußgängerzone erklärt. Dennoch lief alles sehr friedlich ohne jegliche Ausschreitungen ab.
Nicht unbedingt zu einem positiven Stadtbild trägt hier jedenfalls die Steuerpolitk bei. Da man auf verputzte Häuser deutlich höhere Steuern zahlt, entscheiden sich die meisten Besitzer dazu, ihre Häuser einfach nicht zu verputzen und so erscheint ein Großteil der Stadt im einheitlichen Grau und Braun der Ziegelwände.
Interessant war auch der Hexenmarkt, an welchem sich Bolivianer gerne einen Teller (Mesa) zusammenstellen lassen, der alle möglichen Symbole ihrer Wünsche und einen getrockneten Lamafötus beinhaltet und welcher jeweils am Freitag als Opfer angezündet wird, damit diese Wünsche auch in Erfuellung gehen – ein in ganz Bolivien verbreiteter Brauch.
Am Abend jedenfalls ließen wir uns im Restaurant Vienna, welches dem Steirer Paul Stach gehört, verwöhnen. Bauernschmaus, Weißbier und Live Pianomusik von Strauß ließen unser österreichisches Herz mitten in La Paz höher schlagen und nach über 7 Monaten gefiel uns dieses Stückchen Heimat sehr. Nach dem Essen erfuhren wir auch noch ein paar sehr interessante Geschichten von Paul Stach über Bolivien und das Leben als Einwanderer in dem südamerikanischen Land.
Während es sich Karin am nächsten Tag im Hotel gut gehen ließ und einmal ein wenig ausspannte, entschied sich Michael eine Mountainbike Tour auf der Death Road zu unternehmen.
Den Namen hat die einst einzige Verbindungsstrecke von La Paz in das Amazonasgebiet im Norden des Landes nicht ohne Grund – erst 2006 wurde eine neue Verbindung in den Norden eröffnet. Die einspurige Straße führt großteils ohne Leitplanken an steilen Abhängen entlang und es verunglückten damals im Schnitt 2 Fahrzeuge pro Monat und ca. 200-300 Menschen starben jährlich aufgrund dieser Unfälle. Heute wird die alte Strecke vorwiegend nur noch von Mountainbikern genutzt, aber auch hier gibt es laut der Auskunft unseres Guides immer noch circa alle 2 Monate ein Todesopfer vorwiegend aufgrund von Selbstüberschätzung zu beklagen. Bei knapp 100 Bikern täglich liegt die Todesrate aber dennoch deutlich unter der Promillegrenze.
Die Tour jedenfalls startete auf einer Höhe von 4650 Meter und eisigen Temperaturen umgeben von schneebedeckten Bergen und schlängelte sich über 60 Kilometer talwärts auf eine Seehöhe von 1200 Meter und heißen 30 Grad – 3450 Höhenmeter purer Downhillspaß. Während die ersten rund 15 Kilometer noch auf der neuen Asphaltstrecke zurückgelegt wurden, ging es dann die verbleibenden 45 Kilometer auf der schmalen Schotterstraße abwärts. Kaum zu glauben, dass noch vor 8 Jahren der gesamte Schwerlastverkehr und alle Reisebusse über diese Straße in den Norden gelangten.
Abgeschlossen wurde die tolle Mountainbiketour mit einem netten Singletrail und einem mehr oder weniger leckeren Mittagessen, ehe uns das Begleitfahrzeug wieder aufsammelte und uns (über die neu gebaute Straße) zurück nach La Paz brachte. Spaß machte der Ausflug allemal!
Der nächste Tag stand dann im Zeichen der Regeneration und so sind wir mit der neu gebauten Doppelmayr-Seilbahn von La Paz hoch nach El Alto gefahren, wo zufälligerweise gerade ein großes Straßenfest stattfand und man auch einen tollen Ausblick auf die Stadt genoss.
Da viele Teile La Paz aufgrund der geografischen Lage in die umliegenden Berge gebaut sind, eigenen sich die Seilbahnen hervorragend den städtischen Straßenverkehr zu entlasten. Eine weitere Seilbahn wurden in den Tagen als wir dort waren gerade eröffnet und eine dritte befindet sich gerade im Bau – deshalb trafen wir im Restaurant Vienna auch einige Doppelmayer-Mitarbeiter an, die sich in nicht zu geringem Ausmaß über die Arbeitseinstellung von so manchem bolivianischen Mitarbeiter erzürnten :-).
Am Abend ging es dann jedenfalls mit dem Nachtbus weiter nach Uyuni, wo wir für den nächsten Tag einen Ausflug in die dortige Salzwüste geplant hatten…
Hasta luego!
Karin & Michael
Kategorien : Bolivia
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